Gendlin stellt der üblichen Vorstellung von linearer Zeit (Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft) die Beschreibung einer “organischen” Zeit gegenüber (Implizieren-und-Geschehen; Vorantragen).
Lineare Zeit: “Tote” Zeit; Zeitpfeil; Einzelereignisse stehen unverbunden nebeneinander und rücken mit dem Fortlaufen der Zeit von der Zukunft über die Gegenwart in die Vergangenheit. Es kann nichts Neues geschehen (Kausalität). Der Beobachter teilt Zeit in Einheiten (Stunden, Minuten usw.) von “außen her” ein. Er zerschneidet also das lebendige Prozessgeschehen in einzelne, abgetrennte Stücke und “verarbeitet” sie mit Hilfe der Logik weiter.
Organische Zeit: Die (lineare) Vergangenheit ist jetzt gegenwärtig in Form von Umwelt-3, die (lineare) Zukunft ist jetzt gegenwärtig in Form eines Potentials für das, was geschehen kann. Es gibt keine unverbundenen Einzelereignisse, sondern ein sich-selbst-vorantragendes komplex interaffizierendes Prozessgeschehen, bei dem die Umwelt 3 beständig regeneriert wird und bei dem das Implizieren von den Einzelgeschehnissen kontinuierlich vorangetragen wird. Organische Zeit ist unabhängig von einem Beobachter, sie wird von jedem lebendigen Organismus in dessen Lebensvollzug als kontinuierlich vorantragender und vorangetragener Möglichkeitsraum erlebt (“Was war, wohnt in der Struktur dessen, was ist; in dem, was ist, liegt das Potential für das, was sein kann”).
[…] Kapitel IV-B: Zeit: Umwelt 2 und Umwelt 3, Geschehen und Implizieren […]